Einleitung
Das Patientensicherheitsnetzwerk des US-Gesundheitsministeriums schätzt, dass „etwa 75% der Diagnosefehler eine kognitive Komponente haben“ [1]. Das gängige Erklärungsmodell dafür ist die sogenannte „Prospect-Theorie“. Sie geht zurück auf den amerikanischen Ökonomen Harry Markowitz und wurde von Daniel Kahneman und Amos Tversky vertieft. Die Prospect-Theorie gehört zu den meist zitierten Beiträgen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts [2]. Kahneman erhielt dafür im Jahr 2002 den Nobelpreis für Ökonomie (Tversky war inzwischen leider verstorben). Einem breiten Publikum bekannt geworden ist sie durch Kahnemans Weltbestseller „Schnelles Denken, langsames Denken“.
In der Wissenschaft werden die oben erwähnten kognitiven Komponenten als „kognitive Verzerrungen“ bezeichnet. Sie sind nicht nur die wichtigste Ursache bei falschen Entscheidungen im Rahmen einer Diagnosestellung, sondern spielen auch eine wichtige Rolle, wenn Ärztinnen und Ärzten den (überzeugenden) Argumenten von Pharmareferentinnen und Pharmareferenten nicht folgen.
Bei der Entwicklung von Werbekonzepten werden die Erkenntnisse der Prospect-Therorie seit langem berücksichtigt. Im Verkaufsgespräch spielen sie bisher so gut wie keine Rolle. Mit meinem Buch „Denk‘ langsam im Verkaufsgespräch“ mache ich sie Pharmareferentinnen und Pharmareferenten praxisnah zugänglich. Ich zeige anhand konkreter Beispiele, wie Ärzte Entscheidungen treffen und welchen Urteilsfehlern sie dabei auf den Leim gehen.
„Denk‘ langsam im Verkaufsgespräch“ ist ein praktischer Ratgeber für alle, die Ärzte beraten und von einer Idee oder einem Produkt überzeugen wollen. Denn es geht nicht nur um die kognitiven Verzerrungen der Ärztinnen und Ärzte, sondern auch um die der Pharmareferentinnen und Pharmareferenten. Auch wenn es wissenschaftlich nicht ganz korrekt ist, nutze ich die Begriffe „kognitive Verzerrungen“, „Urteilsfehler“ und „Denkfehler“ synonym.

Kapitel 1: Wie leicht man sich irren kann
Der Amerikaner Mark L. Graber ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Patientensicherheit und war einer der Pioniere bei der Bekämpfung von Diagnosefehlern in der Medizin. In einer seiner Studien über kognitive Verzerrungen als Ursache von Diagnosefehlern verglichen er und sein Kollege Eta S. Berner die Diagnosen von Patienten, die auf Intensivstationen gestorben sind, mit den Obduktionsbefunden [3]. Die Ärzte, die die Diagnose gestellt haben, sollten auf einer Skala von 0 bis 10 angeben, wie sicher sie sind, dass ihre Diagnose richtig ist. Das Ergebnis: Kliniker (allesamt erfahrene Ärzte), die sich ihrer Diagnose vollkommen sicher waren, irrten in 40% der Fälle!
Im Jahr 2021 leitete ich im Auftrag eines Pharmaunternehmens ein Projekt, das die Urteilsfehler von Pharmareferentinnen und Pharmareferenten untersuchte. Es stand die Neueinführung eines Arzneimittels an. 10 Personen, die schon mindestens 3 Jahre in ihrem aktuellen Gebiet waren, nahmen an dem Projekt teil. Sie sollten 10 ihrer Ärzte benennen, die innerhalb eines halben Jahres nach der Einführung des Arzneimittels mindestens 5 Patienten darauf eingestellt haben und dabei angeben, wie sicher sie bei ihrer Einschätzung sind (auf einer Skala von 0 – 10).
Nachdem das Medikament ein halbes Jahr auf dem Markt war (alle haben ihre Ärzte 4 mal besucht), wurden die genannten Ärzte im Rahmen von Interviews gefragt, wie viele Patienten sie tatsächlich auf das neue Arzneimittel eingestellt hatten. Die Grafik zeigt die Trefferquote der 10 an der Untersuchung Beteiligten. Nur die Pharmareferenten 1 und 2 hatten mehr als 5 Treffer. Ihrer Prognose am sichersten – von den Pharmareferenten, die 5 Treffer oder weniger hatten – waren die Pharmareferenten 6, 7 und 10.

Berner und Graber kommen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass die sogenannte „Selbstbestätigungsfalle“ (Confirmation Bias) die Ursache der falschen Diagnosen war. Bei der Einschätzung, wie sicher man seiner Diagnose ist, war die Selbstüberschätzung (Overconfidence Bias) im Spiel.
Die beiden Beispiele zeigen, wie das erste Kapitel und im Prinzip das ganze Buch aufgebaut sind. Ich beginne mit einem Beispiel aus der Medizin und ziehe eine Parallele zu der Welt der Pharmareferentinnen und Pharmareferenten. So gewinnen die Leserinnen und Leser einen tieferen Einblick in die Denk- und Entscheidungswelt ihrer Kunden und reflektieren gleichzeitig ihre eigene.
Neben der Beleuchtung konkreter Beispiele gehe ich auch den Ursachen der verzerrten Beurteilung von Informationen auf den Grund. Ich berufe mich dabei auf die Forschungsergebnisse der kognitiven Psychologie, der Verhaltensökonomik und insbesondere der Prospekt-Theorie, die ein wesentlicher Bestandteil dieser beiden Forschungsdisziplinen ist.
Kapitel 2:
Schnelles Denken, langsames Denken
Der Titel des Buches spielt auf Daniel Kahnemans Bestseller „Schnelles Denken, langsames Denken“ an. Kahnemans zentrale These darin ist, dass wir in zwei Systemen Denken.

Demnach entstehen in System 1 spontan die Eindrücke und Gefühle, die die „Hauptquellen der expliziten Überzeugungen und bewussten Entscheidungen von System 2 sind“[4]. System 1 ist die erste Anlaufstelle für alles, was wir sehen, riechen, hören, schmecken. System 1 ist aber nicht nur ein Empfänger, sondern System 1 bewertet auch diese Eindrücke und trifft die Vorentscheidung, ob und wie wir auf ein Signal reagieren. Eine der Hauptfunktionen von System 2 besteht darin, die von System 1 vorgeschlagenen Gedanken und Urteile zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren, bevor sie zu Entscheidungen und Handlungen werden.
Beide Denksysteme wirken fortwährend aufeinander ein. Allerdings ist System 2 träge und energieintensiv. Deshalb hat das intuitive schnelle Denken bei vielen Menschen einen größeren und durchdringenderen Einfluss auf Urteile und Entscheidungen. Viele Entscheidungen des privaten und beruflichen Alltags sind Entscheidungen von System 1. Um falsche Urteile und Entscheidungen zu vermeiden, müssten wir aktiv System 2 einschalten.
Kapitel 3:
Wie sich Ärzte für oder gegen ein Arzneimittel entscheiden
Der bereits zitierte Mark L. Graber, schreibt über das Prinzip ärztlicher Entscheidungen [5]:
„Die medizinische Diagnose ist ein spezielles Beispiel für die Entscheidungsfindung unter Unsicherheit. In vertrauten Kontexten treffen Kliniker Entscheidungen ohne große bewusste Überlegungen, und medizinische Experten arbeiten routinemäßig auf diese Weise. Kliniker verwenden in der Regel eine Reihe von Heuristiken oder Faustregeln, um angesichts begrenzter Zeit oder Daten effizient zu Entscheidungen zu gelangen.“
Was Graber beschreibt, entspricht Kahnemens „schnellem Denken“. Heuristiken sind prinzipiell eine geniale Erfindung der Evolution: Neuronale Daumenregeln, die uns helfen, mit begrenzten Informationen in kurzer Zeit hinreichend gute Entscheidungen zu treffen. So wertvoll und unentbehrlich Heuristiken in unser aller Entscheidungsalltag sind, so anfällig ist das „schnelle Denken“ aber auch für Artefakte, die unsere Urteile durch subjektive Wahrnehmungen, Emotionen und Vorurteile verzerren.
Im zweiten Kapitel gehe – ich wiederum anhand konkreter Beispiele – auf die wichtigsten Heuristiken ein und zeige, welchen Urteilsfehlern man bei deren Anwendung (die uns meist nicht bewusst ist) auf den Leim gehen kann. Heuristiken spielen auch eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Pharmareferentin / des Pharmareferenten und ihrer / seiner Informationen und Argumente durch die Ärztin / den Arzt. Ich zeige, wie diese Heuristiken einem erfolgreichen Verkaufsgespräch im Weg stehen können, wie man sie erkennt und welche Strategien helfen, doch zum Erfolg zu kommen.

Eine Heuristik, die bei der Entscheidung, welches Arzneimittel einer Patientin / einem Patienten verschrieben wird, eine besondere Rolle spielt, ist die sogenannte „Take-the-best-Heuristik“. Das konnten die englischen Psychologinnen Mandeep Dhami und Clare Harries in ihrer Studie „Fast and frugal versus regression models of human judgement“ zeigen[6]. Auf diese Studie gehe ich etwas ausführlicher ein und zeige, wie man deren Erkenntnisse im Verkaufsgespräch nutzen kann.
Kapitel 4:
Die wichtigsten Denkfehler im Verkaufsgespräch
In der medizinischen Fachliteratur sind inzwischen mehr als 100 „kognitive Verzerrungen“ beschrieben, die zu falschen Diagnosen und / oder zu falschen Therapieentscheidungen führen können. Allerdings gibt es viele Überschneidungen, und oft findet man den gleichen Urteilsfehler auch unter einem anderen Namen.
Das erste Auswahlkriterium für die in diesem Kapitel näher beschriebenen Denkfehler war, dass sie ausgiebig erforscht sind. Das zweite war, dass ich sie im Rahmen meiner Mitbesuche sowohl bei Ärzten als auch bei Pharmareferentinnen und Pharmareferenten häufig beobachtet habe.
Die Beleuchtung jedes Urteilsfehlers folgt dem gleichen Prinzip: Ich zeige seine „Architektur“ anhand einer wissenschaftlichen Studie. Im zweiten Schritt beschreibe ich an je einem Beispiel, wie er sich im Verkaufsgespräch einerseits beim Arzt und andererseits bei der Pharmareferentin / dem Pharmareferenten auswirkt. Der dritte Schritt ist eine Empfehlung, wie man den Urteilsfehler erkennen und eine negative Wirkung auf den Erfolg des Gespräches verhindern kann.
Ein spezielle Gruppe der Entscheidungsabkürzungen fasse ich unter der Überschrift „kognitive Wechselhürden“ zusammen. Die Neueinführung von Produkten, die ein Therapiefeld bedienen, für das es bisher keine Optionen gab, ist eher die Ausnahme. Viel häufiger besteht die Aufgabe von Pharmareferentinnen und Pharmareferenten darin, ihre Kunden zum Wechsel von ihrer bisherigen Präferenz auf ein anderes Produkt zu motivieren. Insofern spielen die Urteilsfehler, die Kunden daran hindern, in diesem Kapitel eine zentrale Rolle.
Das Poster gibt einen Überblick über die Urteilsfehler, auf die ich ausführlich eingehe. Sie können es in den Größen DIN A 1 (841 x 594 mm) für 29 Euro und DIN A2 (594 x 420 mm) für 24,90 Euro (inkl. MsSt. zuzgl. 5 Euro Versandkosten) per Mail bestellen.

Kapitel 5:
Wie man auf das richtige Pferd setzt
Inzwischen erkennen immer mehr Unternehmen die Wichtigkeit des Themas „Urteilsfehler und Entscheidungen“. Die Zukunftsstudie 2014 des WHU Controller Panels setzt das Thema auf die Liste der 10 wichtigsten Zukunftsthemen. Inzwischen entwickeln zahlreiche Unternehmen sogenannte „Debiasing-Konzepte“. Darunter versteht man die Schaffung eines Bewusstseins über kognitive Verzerrungen und die Bereitstellung eines Bündels von Maßnahmen, die dazu beitragen, das Risiko von Fehlentscheidungen zu reduzieren.
Das ist genau dass, was ich mit meinem Buch und den darauf basierenden Trainings für Verkäuferinnen und Verkäufer anbiete. Das Treffen möglichst guter (richtiger) Entscheidungen im Rahmen des Accountmanagements und im Verkaufsgespräch ist ein Schlüsselfaktor für Erfolg.
Im vierten Kapitel stelle ich ein Prinzip vor, mit dem Pharmareferentinnen und Pharmareferenten
- methodisch saubere Entscheidungen treffen,
- den Einfluss von Urteilsfehlern reduzieren,
- bereits getroffene Entscheidungen analysieren,
- ihre Entscheidungskompetenz trainieren,
- den Entscheidungsprozess ihrer Kunden simulieren,
- sich effektiv auf ein Verkaufsgespräch / eine Verhandlung vorbereiten können.
Die Methode ist auf einem einfachen Stück Papier oder einem Flipchart anwendbar. Zusätzlich biete ich sie als Tool (interaktives PDF) an, das die Anwendung vereinfacht und das Durchspielen verschiedener Szenarien ermöglicht. Wenn Sie Interesse an dem Tool haben, schicken Sie mir einfach eine Mail.
Quellen:
[1] Etchells, Edward (2015): „Anchoring Bias With Critical Implications“, https://psnet.ahrq.gov/
[2] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/prospect-theorie-46086
[3] Berner Eta S. , Graber Mark L.: „Overconfidence as a Cause of Diagnostic Error in Medicine“, American Journal of Medicine 121 (2008): S. 2 – 23
[4] Kahneman, D.: „Schnelles Denken, langsames Denken“: S. 33
[5] Graber ML, Franklin N, Gordon R. (2005) Diagnostic error in internal medicine. Arch Intern Med; 165: 1493–9.
[6] Dhami, Mandeep, Harries, Clare. (2001): Fast and frugal versus regression models of human judgment. TTHINK REASONING. 7. 5-27. 10.1080/13546780042000019.