Debiasing Strategien für Kliniken und Pharmaunternehmen.
Am 16. Dezember 2020 begann in Deutschland der zweite Corona-Lockdown. Für den Einzelhandel bedeutete das, die Schließung aller Geschäfte, die nicht systemrelevant waren. 2 Tage vor dem Lockdown ließ die Parfümeriekette Douglas mitteilen, dass Filialen mit einem nennenswerten Drogerieartikelanteil im Sortiment offen bleiben würden. 2 Tage nach Inkrafttretens des Lockdowns nahm Douglas die Entscheidung wieder zurück und entschuldigte sich ganz offiziell. Das ganze war für Douglas ein riesiges Imagedesaster.
Ich habe die Entscheidungen von Douglas für eine Unternehmensberatung analysiert. Die Verantwortlichen sind bei ihrer Entscheidung einigen Urteilsfehlern bei der Bewertung der vorliegenden Informationen auf den Leim gegangen.
Zu meinen Kunden im Bereich „Debiasing“ gehören auch Pharmaunternehmen und Kliniken. In Kliniken geht es nicht nur um Entscheidungen im Management, sondern auch um Entscheidungen von Ärztinnen und Ärzten im Rahmen der Diagnosestellung und Therapie.
Die Ursachen falscher Entscheidungen und die Strategien zur Vermeidung von Urteilsfehlern sind aber im Prinzip in allen Branchen gleich.
Stellvertretend für die zahlreichen Studien, die sich mit Urteilsfehlern im Rahmen von Diagnosen beschäftigen, will ich eine Publikation der beiden amerikanischen Mediziner Eta Berner und Mark Graber zitieren. Sie trägt den Titel „Overconfidence as a cause of diagnostic error in medicine“[1]. Darin vergleichen die Autoren die Diagnosen von Patienten, die auf Intensivstationen gestorben waren, mit den Obduktionsbefunden und evaluierten zusätzlich das Ausmaß der Urteilssicherheit der Ärzte, die die Diagnose gestellt hatten. Das Ergebnis: Kliniker, die sich ihrer Diagnose vollkommen sicher waren, irrten in 40% der Fälle!
Der Urteilsfehler, der dabei nach Meinung der Autoren eine zentrale Rolle spielte, war „Selbstüberschätzung“. Ein zweiter war der sogenannte „Confirmation Bias“. Die wichtigsten Urteilsfehler habe ich auf einem Übersichtsposter zusammengefasst, dass Sie in meinem Onlineshop bestellen können.
Unter Debiasing versteht man ein Bündel von Maßnahmen, die dazu beitragen, den Einfluss von Urteilsfehlern beim Treffen von Entscheidungen so weit wie möglich zu reduzieren. Eine wesentliche Komponente ist dabei die Schaffung von Bewusstsein für Urteilsfehler.
Im Rahmen meiner Workshops und Trainings lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die wichtigsten Entscheidungsprinzipien und die darin verborgenen Urteilsfehler kennen. In Arbeitsgruppen werden klinische Beispiele entwickelt, die deren negative Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung und Diagnoseformulierung veranschaulichen.
[1| Berner ES, Graber ML. Overconfidence as a cause of diagnostic error in medicine. Am J Med. 2008 May;121(5 Suppl):S2-23. doi: 10.1016/j.amjmed.2008.01.001. PMID: 18440350.
Wenn man Urteilsfehler beim Stellen einer Diagnose reduzieren will, ist die Beachtung dieser 5 Punkte sehr hilfreich. Das nötige Wissen vermittle ich im Rahmen meiner Workshops und Trainings.
Erzwingen Sie die Berücksichtigung alternativer Möglichkeiten, z. B. das Erstellen und Durcharbeiten von Differenzialdiagnosen. Stellen Sie routinemäßig die Frage: Was könnte das sonst sein? |
Trainieren Sie einen reflektierenden Ansatz zur Problemlösung: Treten Sie vom unmittelbaren Problem zurück, um den Denkprozess zu untersuchen und zu reflektieren. |
Verbessern Sie die Genauigkeit von Urteilen durch kognitive Hilfen, wie z. B. Merksätze, Leitfäden, Algorithmen. Reduzieren Sie Ihr Vertrauen in Ihr Gedächtnis und ihre Intuition. |
Entwickeln Sie Strategien zum mentalen Üben / „kognitiven Durchgehen“ von spezifischen klinische Szenarien, um kognitive Verzerrungen zu provozieren und deren Folgen zu beobachten. |
Geben Sie den Entscheidungsträgern ein möglichst schnelles und zuverlässiges Feedback, damit Fehler sofort erkannt, verstanden und korrigiert werden, was zu einer besseren Kalibrierung der Entscheidungsträger führt. Holen auch für sich selbst Feedback ein. |
Das Poster „Urteilsfehler als Ursache falscher Diagnosen“ gibt einen Überblick über die wichtigsten kognitiven Verzerrungen in Kurzform. Es hilft dabei, das Bewusstsein für Urteilsfehler zu schärfen und beim Erkennen von Urteilsfehlern. Es ist in den Größen DIN A1 (84,1 x 59,4 cm) und DIN A2 (59,4 x 42,0 cm) erhältlich. Ein ähnliches Poster gibt es auch für das Management (siehe unten).
Debiasing Special für das Management:
Omission Bias Workshops
Im Management stellt sich auf allen Unternehmensebenen immer wieder die Frage, ob der bisherige Kurs noch der richtige ist. Der Unterlassungseffekt beschreibt die Tendenz, die Kosten / den Aufwand / das Risiko einer Kursänderung systematisch zu überschätzen. Entsprechend neigen wir dazu, gleiches in Bezug auf die Beibehaltung des Kurses zu unterschätzen („das ist schon ok so, haben wir immer schon so gemacht“).
Omission Bias Worshops haben das Ziel, diese Art von Sand im Getriebe einer Abteilung, eines Fachbereiches oder eines ganzen Unternehmens zu identifizieren, zu priorisieren und Maßnahmen zur Veränderung zu beschließen.
Wie man auf das richtige Pferd setzt
Die Nutzung von Tools ist, wie oben beschrieben, eine wichtige Debiasing-Säule. Im nachfolgenden Video zeige ich, wie das Tool funktioniert, mit dem ich die besten Erfahrungen gemacht habe. Ich habe es selbst entwickelt und stelle es gerne zur Verfügung.
Um die Funktion des Tools zu demonstrieren, habe ich die Entscheidung im Rahmen einer Pferdewette ausgewählt. Sie erfüllt alle Kriterien einer typischen „gemischten“ Entscheidung – und „wie man auf das richtige Pferd setzt“ steht sprichwörtlich für das, was uns alle bewegt.